Zeichnen nach Plan im Workshop

An die­sem Sams­tag betei­lig­te ich mich an einem Work­shop mit dem inter­es­san­ten Titel »Kunst nach Plan — Ent­wick­le ein eige­nes Zei­chen­sys­tem«, wel­cher in den Räum­lich­kei­ten des Ate­lier­hau­ses Sali­ne 34 vom Erfur­ter Kunst­kol­lek­tiv Salon de Col­li­ne orga­ni­siert und durch­ge­führt wurde.

Der Begriff »Zei­chen­sys­tem« war bis­her in mei­nem Kopf fest ver­drah­tet mit Schrift­for­men und Typo­gra­fie. Viel­leicht ver­misch­te ich die Bedeu­tung mit »Zei­chen­satz« (ASCII, UTF‑8, Win­dows 1252 Wes­tern Euro­pe). In den ers­ten 5 Minu­ten wur­de klar, dass die Kurs­lei­te­rin­nen Salo­me und Anne­ke etwas ganz ande­res meinen:

»Beim sys­te­ma­ti­schen Zeich­nen geht es dar­um, Regeln auf­zu­stel­len, nach denen gezeich­net wird. Dabei ist es span­nend, die Kon­trol­le des Zeich­nens abzu­ge­ben und zu gucken, was am Ende ent­steht. Bei dem Work­shop wer­den wir uns durch ver­schie­de­ne Übun­gen dem Arbei­ten mit Zei­chen­sys­te­men nähern und zum Abschluss art­bei­test du an einem eige­nen Zei­chen­sys­tem« — so beschreibt es Salon de Col­li­ne auf Instagram.

Das ist natür­lich viel spannender.

Zur Ein­füh­rung in das The­ma betrach­te­ten wir — etwa 10 Teil­neh­men­de — wie der Künst­ler Sol LeWitt sei­ne Wer­ke als eine Rei­he von detail­lier­ten Anwei­sun­gen ver­fass­te, wel­che genau beschrie­ben, wie sie vom Käu­fer oder von Gale­rien repro­du­ziert wer­den muss. Er ver­trat die Über­zeu­gung, dass die Aus­füh­rung nicht vom Künst­ler selbst vor­ge­nom­men wer­den muss. Die Anwei­sun­gen trans­por­tier­ten die Idee und hal­fen LeWitt, sei­ne Kunst zu verbreiten. 

Ähn­lich — aber nicht das­sel­be — ist das Pro­gram­mie­ren inter­ak­ti­ver oder algo­rith­misch erzeug­ter Wer­ke (vgl. Shader­toy, Pov­ray, Pro­ces­sing oder p5.org). So schließt sich der Kreis zu die­sen Din­gen, mit denen ich mich schon sehr lan­ge beschäf­ti­ge.

Im wei­te­ren Ver­lauf des Work­shops pro­bier­ten wir zwei Zei­chen­sys­te­me aus, wel­che die Work­shop­lei­te­rin für vor­be­rei­tet hat­te. Das ers­te basier­te auf einem Wür­fel. Den Augen­zah­len 1–6 waren Bewe­gun­gen zuge­ord­net. Und so gings: Auf einem Blatt legt man einen Gegen­stand und umfährt die­sen mit dem Stift. Dann wür­feln und die Bewe­gung aus­füh­ren. Wie­der den Gegen­stand umfah­ren. Nach 10 Minu­ten ver­gli­chen wir die Ergeb­nis­se und spra­chen über die Ausführung.

Für das zwei­te Zei­chen­sys­tem setz­ten wir Glas­ge­gen­stän­de auf das Papier und zeich­ne­ten grob die Licht­re­fle­xe nach. Die ent­stan­de­nen For­men wur­den dann noch aus­ge­ar­bei­tet, viel­leicht mit eige­nen zusätz­li­chen Gestal­tungs­re­geln. Da kamen sehr inter­es­san­te For­men heraus!

Dann ging es ans Ein­ge­mach­te: »Denkt euch eige­ne Zei­chen­sys­te­me aus und lasst sie von ande­ren Teil­neh­men­den aus­füh­ren« war die Auf­ga­be. Das war sehr viel­sei­tig und frei. Es mach­te auch Spaß zu sehen, wie die eige­nen Anwei­sun­gen von ande­ren inter­pre­tiert wer­den bzw. den Anwei­sun­gen frem­der Zei­chen­sys­te­me zu folgen.

Nach der aus­ge­dehn­ten Mit­tag­pau­se ging es dar­um, das Erlern­te mit einer neu­en Arbeit zu ver­tie­fen und zu ver­fei­nern. Hier begann ich auf einem A2-Blatt mit einer Linie aus Kreis­seg­men­ten und gera­den Stü­cken, die sich über die Blatt­rän­der fort­setz­te und mit einer Ecke schloss. Die wei­te­re Aus­ar­bei­tung ver­leg­te ich dann nach Hau­se, denn der Work­shop ende­te und es gab ja noch eine Vor­stel­lungs­run­de aller ent­stan­de­nen Arbei­ten und Zeichensystem-Ideen.

Eine Aus­wahl davon wer­den im Sep­tem­ber im Rah­men einer Aus­stel­lung zu sehen sein — die Wer­ke mit ihren Anwei­sun­gen zur Entstehung.

Links ist mein ers­tes Zei­chen­sys­tem, was eine Art vier­ecki­gen Tun­nel erzeugt. Rechts ist ein Glas mit Licht­re­fle­xe (Kaus­ti­ken), die bei den Beispiel-Zeichensystemen am Anfang eine Rol­le spielten.

Bil­der von den viel­fäl­ti­gen Arbei­ten der ande­ren Teil­neh­men­den habe ich nicht bzw. möch­te ich nicht unge­fragt hier veröffentlichen.